Der 90.000 Euro Kredit
Für den durchschnittlichen Verbraucher stellt eine Investition von 90.000 Euro, und damit auch die eventuelle Aufnahme von einem 90.000 Euro Kredit, die Ausnahme dar. Selbst des Deutschen liebstes Kind, das Auto, erreicht von den Anschaffungskosten nur selten diese Größenordnung. In den meisten Fällen werden Darlehen in dieser Größenordnung im Zusammenhang mit Immobilien oder einer Existenzgründung genutzt.
Besonderheiten der Existenzgründung
Um den Start in die Selbstständigkeit zu vollbringen, bedarf es in der Regel einer Startfinanzierung. Diese kann über einen klassischen Ratenkredit erfolgen, über ein Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) oder über eine Kreditplattform für Kredite von privat an privat.
Der Vorteil der KfW-Finanzierung im Rahmen des European Recovery Plan (ERP-Darlehen) liegt darin, dass das Darlehen staatlich verbürgt ist und kein Eigenkapital voraussetzt. Dies erleichtert die Besicherung, da die Bank, welche den eigentlichen Kredit begibt, zu 100 Prozent von der Haftung freigestellt ist. ERP-Darlehen müssen bei einer Geschäftsbank oder Sparkasse beantragt werden, die KfW übernimmt die Besicherung. Das ERP-Darlehen hat Eigenkapitalcharakter. Dies hat den Vorteil, dass der Kreditnehmer noch weitere Darlehen aufnehmen kann, natürlich die Bedienbarkeit vorausgesetzt. Das Darlehen kommt für alle Existenzgründer infrage, auch für Unternehmen, die nicht länger als drei Jahre bestehen. Gefördert werden nicht nur Gewerbe, sondern auch Freiberufler. Der Haken ist, dass gerade Start-ups mit innovativen Geschäftsideen häufig an der eher konservativen Denkungsart der Mitarbeiter bei Banken und Sparkassen scheitern. Dem 15. Friseursalon in einem 5.000 Einwohner zählenden Ort werden mehr Chancen eingeräumt, als einer web-basierten Geschäftsidee.
Die Kreditaufnahme über die Bank im Rahmen eines klassischen Ratenkredites ist vor dem Hintergrund der KfW-Förderung eher die zweitbeste Lösung. Dazu kommt der extrem niedrige Zinssatz bei ERP-Darlehen.
Kreditplattformen
Für einen 90.000 Euro Kredit zur Geschäftsgründung eignen sich auch Kreditplattformen. Diese sind entweder als „Kredit von privat an privat” ausgelegt, als auch speziell für Unternehmenskredite. Der Vorteil liegt darin, dass kein konservativer Banker mit einem „ja, aber” dazwischen funkt. Die Geldgeber wissen sehr wohl um die Risiken, die mit einer Existenzgründung einhergehen, stehen neuen Ideen aber deutlich aufgeschlossener gegenüber. Dazu kommt, dass die Beteiligungen an solchen Darlehen nur in kleinen Tranchen erfolgen. 500 Euro sind in diesem Zusammenhang leichter zu verschmerzen, als ein fünfstelliger Betrag.
Einige der Geldgeber gehen noch einen Schritt weiter. Als „Business Angels” begleiten sie den Kreditnehmer bei seinen ersten Schritten und stellen beispielsweise ihr Know-how oder ihre Netzwerke zur Verfügung. Gerade Netzwerke zeigen sich bei einer Firmengründung als enorm wichtig, da die Neugründer auf diese Weise den Bekanntheitsgrad des Produktes überproportional schnell steigern können.
Unabhängig davon, ob es sich um eine KfW-Finanzierung oder einen Kredit durch einen Pool von Geldgebern handelt, ist die Vorarbeit entscheidend. In beiden Fällen bedarf es eines sauber und detailliert ausgearbeiteten Businessplans, der sowohl die Kalkulation des Unternehmens für die ersten drei bis fünf Jahre widerspiegelt, als auch das Alleinstellungsmerkmal klar herausarbeitet. Gerade bei einem Start-up muss der Gedanke, weshalb das Produkt eine Zukunft besitzt, deutlich kommuniziert werden. Sieht die KfW oder sehen die Geldgeber nicht, warum ausgerechnet diese Geschäftsidee „fliegen” wird, wird es mit der Mittelbeschaffung für den Gründer äußerst schwierig.